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Neun Fragen und Antworten zur Griechenland-Krise
Warum reagieren die Börsen so stark auf das Urteil der Ratingagenturen? Welche Auswirkungen hat die Krise auf die Schweiz? Und wie geht es jetzt weiter? Eine Übersicht.
IWF-Vertreter wollten die 135 Mrd. gestern jedoch nicht bestätigen. Ins Spiel gebracht hatte sie der deutsche Wirtschaftsminister Rainer Brüderle. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel mahnte, die Verhandlungen von IWF, EU-Kommission und EZB mit Griechenland über das Hilfspaket beschleunigt zum Abschluss zu bringen. Aus Athen kam ein dringender Hilferuf: «Europa und die Euro-Zone müssen handeln, um das von der Krise ausgelöste Feuer zu löschen und ein Übergreifen auf das übrige Europa zu verhindern», mahnte Premier Georgios Papandreou. EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy kündigte einen Eurozonen-Gipfel für den 10.Mai an.
1. Was ist eigentlich das Problem von Griechenland?
Griechenland hat viel zu hohe Schulden. Derzeit beträgt der Schuldenberg der Griechen 300 Milliarden Euro. Bisher konnte der Staat die Schuldzinsen noch begleichen. Doch weil die griechische Wirtschaftsleistung derzeit schrumpft, wird es für den Staat zunehmend schwieriger, die Zinsen zu schultern. Am 19.Mai muss Athen eine Kredittranche von 8,5 Milliarden Euro begleichen. Der Staat wird nicht fähig sein, diese zu bezahlen. Deshalb sollen die Euro-Staaten und der Internationale Währungsfonds (IWF) mit einer Bürgschaft von zunächst 30 bis 45 Milliarden Euro einspringen.
2. Wie stark ist die Schweiz von der Krise in Griechenland betroffen?
In früheren Statistiken waren die Schulden des griechischen Staates und anderer griechischer Kreditnehmer bei Schweizer Finanzhäusern mit umgerechnet rund 69 Milliarden Franken angegeben. In der neusten Statistik werden die Schweizer Forderungen an das Mittelmeerland nur noch mit rund 3,8 Milliarden Franken beziffert. Schweizer Pensionskassen haben rund 1,2 Milliarden Franken in griechischen Anleihen. Das ist nicht gravierend im Vergleich zur Gesamtsumme von 600 Milliarden.
3. Was ist die grösste Gefahr für die Schweiz?
Wenn der Euro durch die Griechenland-Krise weiter an Wert verliert, wäre dies für die Schweizer Exportindustrie von Nachteil. Die Schweizer Produkte werden dadurch teurer. Unternehmen haben schon heute Probleme, ihre Produkte ins Ausland zu exportieren. Der Kurs von Fr.1.43 je Euro liegt auf extrem tiefem Niveau.
4. Die Kreditwürdigkeit von Griechenland und Portugal wurde herabgestuft. Warum ist das ein Problem?
Wird die Bonität heruntergestuft, muss der Staat bei der Herausgabe neuer Anleihen höhere Zinsen bezahlen. Das wiederum drückt auf die Schuldenlast. Ein Teufelskreis.
5. Warum reagieren die Börsen so extrem auf die tiefere Bewertung? Die Überschuldung Hellas’ war doch bekannt?
Die Kurse sind nicht gesunken, weil die Ratingagentur neues Ungemach aufgedeckt hätte. Die Ursache ist eine andere: Griechenland hat das sogenannte «Investment Grade Rating» verloren. Viele institutionelle Investoren und Anlagefonds sind bei solchen Bewertung aus reglementarischen Gründen gezwungen, die sogenannten «Junk-Bonds» abzustossen. Deshalb sind die Kurse gefallen.
6. Was ist die optimistische Variante für die Zukunft Griechenlands?
Es gibt mehr Pessimisten als Optimisten. Trotzdem: Die Griechen können ihr Schuldenwachstum durch eine Rosskur stoppen. Zehntausende von Beamten müssten entlassen werden. Die unproduktive griechische Wirtschaft müsste konkurrenzfähiger werden. Laut Experten würden die Darlehen reichen, um in der Übergangszeit die Schuldzinsen zu bezahlen.
7. Wie sieht die pessimistische Zukunft Griechenlands aus?
Griechenland schafft es nicht, seine Schulden termingerecht zurückzahlen. Das wäre quasi ein Staatsbankrott. Das würde bedeuten, dass die Gläubiger einen Teil ihres Geldes verlieren würden. Dadurch könnten Banken in Deutschland und Frankreich ins Wanken geraten. Der Staat müsste allenfalls wieder einspringen. Man kann es drehen und wenden, wie man will. Am Schluss müssen die Steuerzahler einspringen.
8. Könnten die Euro-Länder Griechenland wieder vom Euro ausschliessen?
Das wäre theoretisch möglich. Aber dies wagt momentan noch kein Regierungschef von einem EU-Land öffentlich zu sagen. Was dies für die übrigen Euro-Länder bedeuten würde, ist heute kaum abzuschätzen.
9. Warum überlässt man Griechenland nicht einfach sich selbst?
An der Spitze der Gläubigerliste stehen Frankreich mit umgerechnet 81 Milliarden Franken sowie Deutschland mit 48 Milliarden Franken. Die beiden und der gesamte Euro-Raum haben ein grosses Interesse daran, Griechenland aus dem Sumpf zu ziehen.
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