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  • GeorgGrotenrath

      Beitragsanzahl: 1141

      Kleine Wunder in Athen

      In einer sehr ruhigen Straße von Athen betreibt Stavros einen kleinen Laden. Da es so ruhig ist in der Gegend, bedeutet das nicht mehr, als mit seinen drei Freunden an einem Tisch vor dem Laden zu sitzen und den Tag verstreichen zu lassen. Sein Leben ändert sich schlagartig, als ein Mann namens Marengelen (zusammengezogen aus Marx, Engels, Lenin) auftaucht und Stavros alte und demente Mutter in ihm ihren verloren geglaubten Sohn wieder erkennt.

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      Daten
      Titel: Kleine Wunder in Athen
      Genre: Komödie
      Regie: Filippos Tsitos
      Darsteller: Antonis Kafetzopoulos
      Anastas Kozdine
      Titika Saringouli
      Laufzeit: 103 Minuten
      FSK: ohne Altersbeschränkung

      quelle: http://www.rp-online.de/app/termine/kino/index.php?modus=details&filmid=6968

      GeorgGrotenrath

        Beitragsanzahl: 1141

        Warten auf den Untergang

        Der Film "Kleine Wunder in Athen" tarnt sich als Komödie, ist aber eine Dokumentation der griechischen Tragödie
        von Berthold Seewald

        Kleine Wunder in Athen" ist nur der deutsche Verleihtitel des Films von Filippos Tsitos, der im Original "Akadimia Platonos" heißt. Das Adjektiv "klein" bezieht sich nicht auf die Größe seines Budgets (was zutreffend wäre), sondern ist ein Versuch, sich an den Erfolg des Films "Kleine Verbrechen" von Christos Georgiou anzuhängen, der im vergangenen Jahr als romantische Kriminalkomödie durch Festivals und Sommerloch gereicht wurde. Dabei dürfte es beide Filme eigentlich gar nicht geben, kommen sie doch aus Griechenland, von dessen Filmbranche wir jenseits von Theodoros Angelopoulos (der international produziert wird) noch nie etwas gehört haben und das zweitens pleite ist.
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        Soweit die kleinen Verwirrungen von Marketing und Klischee am Rande. "Kleine Wunder in Athen" soll, nun ja, auch eine Komödie sein. Ihr Inhalt lässt sich deutlich schneller erzählen als das Tempo ertragen, in dem die Geschichte in 120 Minuten lang dahinplätschert: Stavros betreibt an einem kleinen Platz im Athener Stadtteil Akadimia Platanos einen Kiosk. Seine besten (und einzigen) Kunden sind er selbst und seine drei Kumpels von gegenüber, die einem ähnlichen Geschäftsmodell folgen. Dann gibt es da noch einen Hund namens "Patriot" und Stavros‘ Mutter, von der nach einem Schlaganfall nicht ganz klar ist, ob sie ihr Leben in einem noch größeren Dämmerzustand als ihr Sohn. Die ungelenken Avancen, mit der dieser seine Ex-Frau verfolgt, lassen den Zuschauer manchmal auf Stavros tippen.

        Plötzlich taucht ein albanischer Arbeiter mit dem schönen Namen Marenglen auf, was eine Zusammenballung von "Marx, Engels, Lenin" ist. Mit der gleichen Hingabe, mit der Stavros und seine Kumpels ihn als feindlichen Untermenschen verfolgen, widmet sich Stavros‘ Mutter dem Fremden. Denn sie erkennt in ihm den verlorenen Sohn, den sie einst bei ihrer Flucht aus Albanien zurücklassen musste. Daraus folgt: Stavros wäre eigentlich auch Albaner, was nicht nur "Patriot" zum Knurren bringt. Zu allem Ungemach bringen chinesische Geschäftsleute Schwung in das Viertel, dessen Behörden ein Denkmal der Völkerfreundschaft auf dem Platz errichten wollen. Trotz aller Versuche, dies mit Spitzhacke und Fußbällen zu sabotieren, wird es am Ende vollendet, und die Männer haben weniger Blut denn Alkohol vergossen. Das nennt man wohl brachialen Symbolismus.

        Auch wenn Antonis Kafetzopoulos für seine Darstellung des kaurismäkihaften Stavros in Locarno mit dem Silbernen Leoparden ausgezeichnet wurde, fällt es schwer, "Kleine Wunder" als internationalen Durchbruch für die griechische Filmindustrie zu sehen. Zu zäh die Handlung, zu witzfrei viele Dialoge und zu angestrengt der moralische Zeigefinger, als dass der sarkastische Grundton ihn unterhaltsam brechen könnte. Doch das könnte mit sich fortschleppender Handlung als eine Stärke des Films erweisen. Denn im Grunde kann er auch als eine der Wahrheit verpflichtete Schilderung eines Landes gesehen werden, das in den vergangenen Monaten zum Synonym für die Malaise Europas geworden ist.

        Da sind zum einen die Chinesen, die mit atemberaubender Geschwindigkeit eine Manufaktur zur Herstellung italienischer Designerwaren aus dem Boden stampfen und weiter expandieren wollen. Da werden griechische Männer porträtiert, die verständlich machen, warum die hellenische Geburtenrate mittlerweile auf mitteleuropäische Größenordnungen gesunken ist. Und da gibt es ein permanentes Spiel mit nationalistischen Klischees und Erinnerungen, die mittlerweile auch ein Erbteil von EU-Europa sind, hierzulande aber geflissentlich übersehen werden.
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        Die beißende Kritik, mit der Regisseur Filippos Tsitos das ökonomische Treiben im Viertel Akadimia Platonos – wörtlich "Platons Akademie" – überzieht, macht seinen Film im Grunde zum aktuellen Dokumentarspiel. Das Einzige, was im Kiosk von Stavros weggeht, sind Bier und Zigaretten – aber auch nur, weil der Patron sie konsumiert oder als Geschenk für seine Ex-Gattin braucht. Was diese Welt noch zusammenhält, ist die Gewissheit ihrer Akteure, etwas Besseres zu sein als innovative Chinesen oder arbeitsame Albaner, wenigstens im Fußball. Griechenlands frühzeitiges WM-Aus darf daher als weitere sarkastische Wendung gedeutet werden.

        Aber "Kleine Wunder" ist kein Dokumentarfilm, sondern eine Komödie. Und die braucht bekanntlich ein gutes Ende. Beim Eurovision-Song-Contest in Oslo bekam Griechenland aus Albanien zwölf Punkte – und vergab zehn an den ungeliebten Nachbarn. Immerhin.

        quelle: http://www.welt.de/die-welt/kultur/article8613626/Warten-auf-den-Untergang.html

        Xenos

          Beitragsanzahl: 78

          War gestern drin, lohnt sich! Und irgendwie kommt einem so einiges bekannt vor …  😉

          petros

            Beitragsanzahl: 314

            Hallo liebe Kretafreunde,
            den Film habe ich ebenfalls schon gesehen und mich köstlich amüsiert 🙂
            Mit Sicherheit werde ich mir den noch einmal anschauen. Meiner Meinung nach – ein "muss" für jeden infizierten !!!
            Liebe Grüße
            [ch928][ch941][ch964][ch961][ch959][ch962]

            Brauer-Fredl

            Teilnehmer
              Beitragsanzahl: 993

              Hallo miteinander,
              war am gestrigen Sonntag mit meiner Frau im Kino in der Nähe unseres Wohnorts.
              Der Kinobesuch war für den Betreiber wohl sehr enttäuschend, denn in dem
              365 Plätze fassenden Saal fanden sich nur ca. 30 Zuschauer ein.
              Etwa 10 Griechen(-innen) waren auch anwesend, die während der Vorstellung bei
              manch einer slapstickhaften Szene  doch mal lauthals lachten. Ansonsten hatte ich am
              Schluß der Vorstellung  den Eindruck, dass der Rest des Publikums diesen Film nicht so recht verstanden hatte
              und deshalb etwas enttäuscht  das Kino verließ.
              Bemerkenswert fand ich, dass fast alle zum Schluß des Filmes noch sitzen blieben und sich den
              Abspann in griechischer Schrift über sich ergehen ließen, weil sie noch auf ein schlüssiges
              Ende warteten.
              Für meine Frau und mich war es eine amüsante aber nicht unbedingt überragende Komödie.
              Wir werden uns darum bemühen, diesen Film nochmal im O-Ton anzuschauen, da die
              deutschen Dialoge manchmal doch an Wortwitz mangelten.

              Gruß Brauer-Fredl

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