Palast der minoischen Könige
Schon Homer hat in seiner Odyssee von Knossos als Hauptstadt Kretas und Sitz des Königs Minos erzählt. Doch erst Ende des 19. Jahrhunderts (nach den aufsehenerregenden Grabungen des Troja-Entdeckers Schliemann) erwachte das Interesse der Archäologie an den alten, sagenumwobenen Kulturen der Minoer.
Heinrich Schliemann wollte sich übrigens selbst auf die Suche nach Knossos machen. Er war jedoch nicht bereit, den seiner Meinung nach zu hohen Kaufpreis für das Gelände zu zahlen. So kam es, dass erst einige Jahre später der vermögende Brite Arthur Evans das Glück hatte, quasi vor den Toren von Heraklion das bedeutendste Baudenkmal der Frühgeschichte zu entdecken.
30 Jahre dauerten die Ausgrabungen, bei denen Sir Arthur – ganz im Gegensatz zu seinen um möglichst authentische Ergebnisse bemühten wissenschaftlichen Kollegen – mit viel Fantasie den Palast nach seinen eigenen Vorstellungen und Gedanken rekonstruierte.
Statt Mauerreste und Säulenstümpfe freizulegen, wie sie viele andere Paläste auf Kreta kennzeichnen, ließ der Hobby-Archäologe Evans Betondecken einziehen und Wände neu streichen. Er scheute auch nicht davor zurück, ihn störende Mauerteile einfach abbrechen zu lassen. Spötter sprechen deshalb von Knossos als einem archäologischen Disneyland. Fachlich nicht vorgebildete Besucher hingegen sind begeistert angesichts der Anlage und ihrer teils knalligen Farben.
Sie bekommen so eine eindrucksvolle Vorstellung davon, wie es ausgesehen haben „könnte“, als Ariadne dem Theseus aus Liebe und gegen Heiratsversprechen ein Wollknäuel gab, damit er am abgewickelten Faden aus dem Labyrinth des Minotauros wieder herausfinde. Das Grabungsgelände liegt auf einem kleinen Hügel im Tal des Kairatos, direkt an der Straße nach Heraklion. Von Westen her gelangt man auf das Gelände der Palastanlage, die mit über 1000 Räumen und teilweise vier Stockwerken mit Abstand die größte auf Kreta ist. Wie bei allen kretischen Palästen reihen sich die Gebäude um einen rechteckigen Innenhof, der schon fast Sportplatz-Größe hat.
Lichtschächte sorgen für die Beleuchtung der fast fensterlosen Räume auch in den unteren Geschossen, in denen die Besucher auch im Sommer eine angenehme Kühle erwartet. Gleichzeitig mit den Palästen in Malia und Festos etwa 2000 v.Chr. erbaut, wurde Knossos um 1700 v.Chr. wohl durch ein Erdbeben zerstört, 100 Jahre später jedoch wieder aufgebaut, schöner und noch größer als je zuvor.
Von hier aus beherrschten Minos und seine Nachfolger das gesamte östliche Mittelmeer. Um 1450 v.Chr. fiel auch Knossos jener rätselhaften Katastrophe zum Opfer, die durch einen Vulkanausbruch auf Santorin ausgelöst worden sein soll und mit einer riesigen Flutwelle an Kretas Nordküste schwere Verwüstungen verursachte.