Hoch in die Wolken …

Von Gergeri, einem der Dörfer an der landschaftlich schönen Strecke von Agia Varvara über Zaros ins Amari-Becken, führt der Weg über zahlreiche Serpentinen hinauf zu den kahlen Höhen unterhalb des 1471 m hohen Ambelakia.

Östlich von Gergeri beginnend, führt eine asphaltierte Straße hoch durch den Ort, auf der man dann nach knapp 20 Minuten entspannender Fahrt mit herrlichen (Rück-) Blicken ins Tal und auf den Kunstrasenplatz des lokalen Fußballvereins das Ende der Asphaltstrecke erreicht.

Hier beginnt die ca. 2 km lange Schotterpiste bis zur Passhöhe (Stand 2006).

Waren bis jetzt nur einzelne, aus der Böschung gerutschte Felsbrocken im Weg, kann es von nun an passieren, dass man unvermittelt einer Ziegen- oder Schafherde gegenübersteht, ehe schließlich zwei Nachbauten eines Mitato, des traditionellen Hirtenquartiers in den Bergen, in über 1000 m Meereshöhe zu einem ersten Stopp animieren.

An der Weggabelung gegenüber befindet sich (im Gegensatz zu unserem ersten Besuch dort oben) mittlerweile ein Wegweiser nach Anogia.

Abfahrt zur Kapelle Ag. Ioannis

Neben dem ersten 2001 erbauten Mitato sollte damals angeblich eine weitere Hinweistafel mit einer Wegbeschreibung nach Anogia zu finden sein.

Eigentlich …, denn mehr als einige verkohlte Überreste neben der Feuerstelle im Inneren des aus Steinplatten aufgeschichteten Rundbaus war seinerzeit von der Tafel nicht mehr zu entdecken.

So vertrauten wir den spärlichen Darstellungen in unseren diversen Kreta-Karten, die allesamt eine Wegeverbindung zur Nida-Hochebene über die kleine Kapelle Agios Ioannis am oberen Ende der Rouwas-Schlucht zeigten und nahmen den mittleren der drei weiterführenden Wege.

Nach 5 km langer Abfahrt über eine leidlich zu befahrende Schotterpiste erreichten wir das Kirchlein am Rande eines kleinen Hochtals, in dem ein schön gelegener Rastplatz unter dicken Platanen und Eichen zum Verweilen einlädt.

Agios Ioannis (Rouwas-Schlucht)

Das Tal rund um das kleine Kirchlein wird von einem Bach durchflossen, der auch im Hochsommer Wasser führt.

Unter den großen, Schatten spendenden Bäumen am Rand der grünen Hochweide lässt es sich schön picknicken – auch wenn der ein oder andere neugierig dreinschauende Vierbeiner sehnsuchtsvoll schnuppernd sich dem „gedeckten Tisch“ nähern sollte und an der Brotzeit teilhaben möchte. Sogar Toiletten gibt es mittlerweile in dem kleinen Gebäude gegenüber der Kapelle.

Zu erreichen ist Agios Ioannis auch in etwa zwei bis drei Stunden auf der Wanderung durch die Rouwas-Schlucht, die am Quellsee bei Zaros oder am oberhalb davon liegenden Kloster Agios Nikolaos ihren Ausgangspunkt hat.

Trotz intensiver Suche war der in einigen Karten eingezeichnete Fahrweg von hier aus weiter in Richtung Norden zum Skinakas, vorbei am 1614 m hohen Mavros Koumas, nicht zu finden, so dass wir die fünf Kilometer hoch zur Passhöhe wieder zurückfahren mussten (was uns unterwegs ein Schafhirte auch bestätigte).

Gut ausgeschildert ist dagegen der Fußweg zur Schlucht (0,5 km) und dem Kloster Agios Nikolaos (4,3 km), oberhalb des Botomos-Sees bei Zaros.

Fernab der Menschen …

Wieder angekommen auf der Passhöhe bei dem Mitato nehmen wir nun die von Gergeri aus gesehen rechte Piste, die sich in unzähligen Kurven an den Westhängen von Giristi (1779 m) und Koudouni (1860 m) nach Norden zum Skinakas zieht.

Die nun folgenden 11 km zählen sicherlich zu einer der schönsten Strecken auf Kreta, sind aber mit einem normalen Pkw absolut nicht zu befahren!

Ein geländegängiges Allrad-Fahrzeug ist hier ebenso erforderlich, wie die entsprechende Fahrpraxis und Erfahrung!

Maximal im zweiten Gang und stets mit einem wachen Blick auf die teilweise tief ausgewaschene Piste – immer auf der Suche nach der in der Ferne leuchtenden weißen Kuppel des Skinakas-Observatoriums als Orientierungsmarke – führt der Weg durch die wilde und noch fast unberührte kretische Bergwelt.

Eine gute Stunde später kehrt auch das Handy-Signal zurück und wir treffen kurz vor Erreichen der Asphaltstraße hinauf zur Sternwarte wieder auf Menschen:

Skeptisch dreinschauende Schäfer aus Anogia, die hier oben ihre Herden versorgen; das natürlich zeitgemäß mit dem Pickup, den traditionellen Mitato nur noch als Lagerraum nutzend.

Skinakas-Observatorium

Nach einem letzten Anstieg über ein notdürftig betoniertes Wegstück von beeindruckender Steilheit erscheint hinter der nächste Kurve das schmale Asphaltband der Straße hoch zum Observatorium. Auf dem Gipfelplateau des 1760 m hohen Skinakas liegen in völliger Einsamkeit die Beobachtungstürme des „Skinakas Observatory“ mit dem dazugehörigen Gästehaus.

Die Anlage wurde 1986/87 vo der Universität von Kreta in Zusammenarbeit mit dem Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik (München) errichtet. Der große Turm mit dem 1,30 m im Durchmesser messenden Teleskop kam 1995 hinzu. Kreta zählt übrigens wegen seiner guten klimatischen Bedingungen mit der großen Anzahl sternenklarer Nächte und dazu mit den hohen Bergen zu den besten Standorten für astronomische Beobachtungen in ganz Europa.

An klaren Tagen reicht die Sicht hinunter bis zur Küste über das Häusermeer von Heraklion. Im Sommer gibt es jeweils an einem Sonntag im Monat (jeweils vor Vollmond) einen „Tag der offenen Tür“, am Vorabend werden dann auch Mondbeobachtungen angeboten. Für uns ging es an diesem Tag noch weiter zur Nida-Hochebene und danach stand ein Abstecher zum ersten Skigebiet auf Kreta auf dem Programm.

Update Herbst 2006: In diesem Streckenabschnitt sind Straßenbauarbeiten im Gange. So ist nach Leserinformationen das letzte Stück vor der Straße hoch zum Observatorium bereits asphaltiert, weitere Bereiche sollen folgen.